Im Bewusstsein um die Notwendigkeit, Menschen mit Behinderungen ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben mitten in der Gesellschaft zu ermöglichen, setzt sich die Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Behinderter Rheinland-Pfalz (LAG Selbsthilfe) als landesweiter Dachverband der Selbsthilfeorganisationen seit Jahren für eine umfassende Barrierefreiheit ein. Dabei beschränkt sich der Begriff der Barrierefreiheit nicht nur auf den baulichen Bereich, sondern zunehmend auch auf die Gestaltung und Umsetzung von Produkten und Dienstleistungen. Gerade im Hinblick auf den demographischen Wandel unserer Gesellschaft müssen die Bedürfnisse älterer und mobilitätseingeschränkter Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt werden. Barrierefrei sind nach dem Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG) sowie dem Landesgleichstellungsgesetzes (LGGBehM) „bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Er-schwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind“.
Zur Herstellung von Barrierefreiheit hat der Gesetzgeber das Instrument der Zielvereinbarung installiert (BGG §5), das es Behindertenverbänden ermöglicht, mit Unternehmen oder Unternehmensverbänden der verschiedenen Wirtschaftsbranchen Verhandlungen aufzunehmen und mit diesen gemeinsam Ziele zu erarbeiten, die im Sinne einer gleichberechtigten Teilhabe behinderter Menschen sind. Das Unternehmen beziehungsweise die Organisation versucht dann unter Mitwirkung der Behindertenverbände die in der Zielvereinbarung ausgearbeiteten Punkte in einem festgelegten Zeitraum umzusetzen. Eine Zielvereinbarung ist weniger eine Verpflichtung als vielmehr ein Prozess, bei dem Verbände und Unternehmen Hand in Hand arbeiten sollten.
Die LAG Selbsthilfe hat in Rheinland-Pfalz die Koordinierung solcher Zielvereinbarungen übernommen. Gemeinsam mit einem Expertenteam, bestehend aus Vertretern der verschiedenen Mitgliedsverbände der LAG Selbsthilfe, werden Zielvereinbarungen aufgenommen, verhandelt und zum Abschluss gebracht. Hierbei ist Rheinland-Pfalz das Land, das bundesweit die meisten Zielvereinbarungen abgeschlossen hat.
Um umfassende Barrierefreiheit zu gewährleisten, wurden die unterschiedlichen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen beziehungsweise chronischen Erkrankungen bei den Verhandlungen stets berücksichtigt. So gehören dem Expertenteam Menschen mit Lernschwierigkeiten, Blinde und Sehbehinderte, Schwerhörige und Gehörlose, Menschen mit Körperbehinderungen, Rheuma erkrankte und kleinwüchsige Menschen, Vertreter des VdK und SoVD sowie Mitarbeiter des Zentrum Selbstbestimmten Lebens e.V. (ZSL) an.
Die LAG Selbsthilfe hat einen Leitfaden zum erfolgreichen Verhandeln und Umsetzen von Zielvereinbarungen zur Barrierefreiheit herausgegeben, der Vertreterinnen und Vertreter der Behindertenverbände dazu ermuntern soll, vermehrt von diesem Instrument Gebrauch zu machen. Er erläutert die gesetzlichen Bestimmungen und Hintergründe des Instruments und gibt nützliche Tipps zu Verhandlungsstrategien. Gefördert wurde der Leitfaden durch das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rheinland-Pfalz.
Eine Übersicht aller in Deutschland derzeit angekündigten, verhandelten und abgeschlossenen Zielvereinbarungen finden Sie im Zielvereinbarungsregister auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).